Küche der Regionen

REGIONALKÜCHE - LIGURIEN

Stoccafisso „accomodato" alla genovese


In früheren Zeiten, als Fische noch nicht in einer lückenlosen Kühlkette vom Fangschiff bis in den Fischladen frisch gehalten werden konnten, gab es ver­schiedene Methoden der Konservierung, wie Pökeln, Räuchern oder Trocknen. Obwohl sich diese historischen Konservierungsmethoden eigentlich überlebt haben müssten, werden sie immer noch angewandt. Das liegt mö­gli­cher­weise an den tra­ditionellen Gerichten, die, beispielsweise in Ligu­rien, noch immer gerne gegessen werden und teilweise einen Kultstatus erreicht haben. So kann man oft in ita­lie­ni­schen Fisch­lä­den un­an­sehn­li­che, getrocknete Fisch­hälf­ten sehen oder in einem großen Becken gewässerte weißliche Gebilde.

Speisekarte-Glossar Kabeljau. Der Fisch, der die Welt veränderte
Speisekarte-Glos­sar
Ita­lie­nisch/ Deutsch
Kabeljau. Der Fisch, der die Welt veränderte
Der Silberlöffel: voll­stän­di­ge Neuausgabe

Es handelt sich um konservierten Kabeljau (ita­lienisch: merluzzo). Ge­trock­net heißt er in weiten Teilen Italiens stoccafisso, was wohl die Ver­ball­hornung von Stockfisch ist, während die mit Salz gepökelte Va­rian­te baccalà genannt wird, ein Wort, das im Veneto auch für den Stock­fisch (also die getrocknete Variante) verwendet wird.
In der Altstadt von Genua gibt es zahlreiche „pes­cherie“ (Fischläden) in de­nen große, qua­dratische Becken auffallen. Ein Wasserhahn führt kon­ti­nuier­lich fri­sches Wasser zu. Im Becken sieht man hand­gro­ße Stü­cke stoccafisso oder baccalà. Diese werden mehrere Tage lang gewässert, damit sie vom Kunden küchen­fertig nach Hause mit­ge­nommen werden können.

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Es ist interessant zu erfahren, wie der norwegische Stockfisch den Einzug in die ita­lienische Küche ge­macht hat: 1431 segelte der venezianische Adlige und Kaufmann Pietro Querini von Kreta nach Flan­dern, um dort eine kostbare Weinladung Malvasia zu entladen.
Das Schiff geriet im Golf von Biskaya in einen hef­tigen Sturm, das Ruder brach und das ma­nö­vrier­un­fä­hige Schiff wurde nach mehreren Tagen auf ein Archipel nördlich des Polarkreises auf Grund ge­trie­ben: die Lofoten. Es war der 6. Januar 1432.
Nur elf von insgesamt 68 Männern der Besatzung hatten es geschafft. Sie wurden nach fast einem Mo­nat von einheimischen Fischern gefunden und ver­brach­ten schließ­lich mehr als drei Monate zu­sam­men mit den Einwohnern dieser Inseln.
Die Italiener blieben bis zur Ankunft des Frühlings auf den Lofoten, setzten das Schiff wieder imstande und kehrten nach Venedig zurück. Sie nahmen das mit, was für Italien absolute Neuheit war: den Stockfisch.
Im Jahr 1932, fünfhundert Jahre später, wurde auf den Lofoten ein Denkmal er­rich­tet, das an die kul­turelle und gastronomische Verbindung zwischen Italien und diesen fernen Inseln erinnert.

Heute ist der norwegische Archipel der wichtigste Stockfischerzeuger der Welt und Italien der größte Importeur (ca. 90% der gesamten Produktion).


Für Personen, die unter Bluthockdruck leiden, ist stocafisso geeigneter, denn baccalà bleibt, auch nach langer Wässerung, ziemlich salzig. Kabeljau ist fett­arm, enthält Vitamin B12, Phosphor, Selen und Jod.
Baccalà und stoccafisso bedürfen einer langen Vorbereitung. Stoccafisso muss 4 - 6 Tage gewässert werden, wobei das Wasser mindest eunmal pro Tag aus­gewechselt werden muss. Beim Baccalà reichen 24 - 36 Stunden, vo­raus­ge­setzt, das Wasser wird sehr oft ausgewechselt. In Italien sorgen die Fisch­läden dafür.

Ein typisches Genueser Traditionsrezept , das von der einheimischen Be­völ­ke­rung immer noch ge­liebt wird, ist der stoccafisso acco­mo­da­to alla genovese.

POSTER MEERESFISCHE
(in 5 Sprachen)
POSTER MEERESFRÜCHTE
Poster Seefische
Poster Meeresfrüchte

REZEPT

Zutaten (3-4 Personen)

700 g bereits gewässerter „stoccafisso
2 Knoblauchzehen
2 Anchovis
Ein paar Kapern
Grüne entkernte Oliven
1 EL Pinienkerne
Sellerieblätter
1 Karotte
Petersilie
Eingeweichte Trockenpilze
3 EL Olivenöl „vergine
1/2 Glas trockenen Weißweins
100 g geschälte Tomaten
4 mittelgroße Kartoffeln
Salz, weißer Pfeffer

Zubereitung
„Der Fisch lebt im Wasser und muss im Öl sterben"
Den Fisch waschen, so gut wie möglich entgräten und in ca 5 cm lange Stü­cke schneiden. Die Anchovis zusammen mit den Knoblauchzehen, den Kapern, den Pinienkernen und den Oliven in einer Kasserolle mit reichlich Olivenöl an­bra­ten lassen, bis sie beginnen, Farbe anzunehmen. Sellerie­blät­ter, Karotte, Pe­tersilie und Pilze fein hacken und hinzufügen.
Die Mischung eine Weile weiterdünsten lassen und schließlich den stoccafisso hinzugeben und gut vermischen. Das halbe Glas Wein dazugießen und ver­dampfen lassen.
Stoccafisso accomodato
Nach ein paar Minuten die geschälten und zer­klei­ner­ten Tomaten hinzufügen und vermischen. So­bald sie sich ent­fernen lassen, nach und nach die Fisch­grä­ten ent­fer­nen und die in kleine Stücke geschnittenen Kartoffeln hin­zu­fü­gen. Mit etwas Wasser auffüllen. Salzen, pfeffern und weiterkochen. Dabei ab und zu etwas warmes Wasser hinzufügen.

Sobald sich die Haut ablöst, diese gegen die Wand der Kasserolle reiben und zerkleinern. Zugedeckt kochen lassen, bis die Kartoffeln weich sind. Zum Schluss muss die Soße ziemlich eingekocht sein. Ein paar Minuten abkühlen lassen und servieren.

 
 
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