Italienische Sprache

Der bestimmte Artikel (l'articolo determinativo)

Wie einfach wäre es, wenn es im Italienischen, so wie es in den meisten mo­dernen baltischen und sla­wi­schen Sprachen der Fall ist, weder bestimmte noch unbestimmte Artikel gäbe. Aber man ist ja be­schei­den und wäre schon glücklich, wenn diese beiden Artikel keine Unterschiede in der Ver­wen­dung ge­gen­über der deutschen Sprache aufwiesen.
Mein Vater ist 55 Jahre alt. Mio padre ha 55 anni.
Aber:
Mein Auto ist ein Volkswagen. La mia macchina è una Volkswagen.
und:  
Herr Brambilla ist Ingenieur Il signor Brambilla è ingegnere

Männliche Artikel (singular)
il vor Konsonant il ragazzo, il libro, ...
l' vor Vokal l'amico
vor h l'hotel
lo vor gn lo gnocco
vor i + Vokal lo iodio
vor s + Konsonant lo stadio
vor pn lo pneumatico (*)
vor ps lo psichiatra
vor x lo xilofono
vor y + Vokal lo yacht
Männliche Artikel (plural)
i vor Konsonant i ragazzi
gli vor Vokal gli amici
vor h + vokal gli hotel
vor gn gli gnocchi
vor i + Vokal gli ioni
vor s + Konsonant gli stadi
vor pn gli pneumatici (*)
vor ps gli psichiatri
vor x gli xilofoni
vor y + Vokal gli yacht
vor z gli zaini
Weibliche Artikel (singular)
la vor Konsonant la ragazza
l' vor Vokal l'amica
vor h l'habitué
Weibliche Artikel (plural)
le vor Konsonant le ragazze, le amiche, le gnocche etc.
(*) In der Umgangssprache sagt man eher „il pneu­ma­tico“ / „i pneumatici“, was von der „Accademia della Crusca“, die Sprachgesellschaft, die auf die Reinheit der Sprache achtet, ebenso als korrekt bezeichnet wird.

Der auffallendste Unterschied bei der Verwendung des be­stimm­­­ten Artikels ist die Tatsache, dass vor einem Possessiv­pro­no­men in der Regel ein Artikel steht. Also wie bereits aufgeführt: La mia macchina, la mia amica, il mio orologio, ...
Ausnahme: Bei  Verwandtschaftsbezeichnungen im Singular wird der bestimmte Artikel weggelassen. Also: mia madre, mio fratello, mio zio, ...

Italienisch Auf Zack!: Das Sprach- und Gedächtnistraining Du Jane, ich Goethe
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Falls Näheres bestimmt werden soll – bei­spiels­weise, um welchen von mehreren Brüdern es sich handelt –, taucht der Artikel aber wieder auf: Il mio fratello maggiore vive a Roma (mein älterer Bruder lebt in Rom).
Bei den familiären Varianten mamma und papà wird der Artikel fast nur noch in der Toskana ver­wendet: la mia mamma, il tuo babbo; andersowo: mia mamma, tuo papà.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass in der ita­lie­nischen Sprache der bestimmte Artikel viel häufiger verwendet wird als in der deut­schen. Artikellose Substantive sind im Italienischen selten. In der Folge einige Regeln, bei der Unterschied zum Deutschen eklatant ist.

Der bestimmte Artikel wird verwendet vor abstrakten Begriffen, Farben, Stoff­na­men, Körperteile, Kleidungsstücke:
L'amore è una cosa meravigliosa. Liebe ist eine wunderbare Sache.
Mi piace il bianco. Mir gefällt Weiß (die Farbe Weiß).
L'oro è un metallo prezioso. Gold ist ein wertvolles Metall.
Il fuoco è pericoloso. Feuer ist gefährlich.
La pazienza è una virtù. Geduld ist eine Tugend.
Marco ha i capelli neri. Marco hat schwarze Haare.
La giustizia esiste soltanto per quelli che hanno i soldi. Gerechtigkeit gibt es nur für die, die Geld haben.

Vor Ländernamen, Inseln, Konti­nen­ten, Regionen steht in der Regel der be­stimm­te Ar­ti­kel. Aber nicht vor Städtenamen!
L'Italia è famosa per la bellezza dei suoi paesaggi Italien ist für die Schönheit seiner Landschaften berühmt.
La Baviera è una regione della Germania Bayern ist eine Region Deutschlands.
Roma è la capitale d'Italia Rom ist Italiens Hauptstadt.

 
Der bestimmte Artikel steht auch bei Zeit­an­gaben.
Sono le due. Es ist zwei Uhr.
Nel 2015 (Im Jahr) 2015
La settimana prossima Nächste Woche
Oggi è il 23 settembre. Heute ist der 23. September.
l'anno prossimo nächstes Jahr
la settimana passata vorige Woche
 
Bei Wochentagen (Montag, Dienstag etc.) ist aber kein Ar­ti­kel vor­gesehen.
Oggi è giovedì. Heute ist Donnerstag.
Oggi è lunedì 23 Settembre. Heute ist Montag, der 23. September.
 
Es sei denn, es wird eine Gewohn­heits­hand­lung beschrieben.
Il giovedì vado in Palestra. Donnerstags gehe ich ins Fitness­cen­ter.
Giovedì viene Maria a trovarmi. Diesen Donnerstag kommt Maria zu Besuch.
La mattina vado a scuola. Ich gehe jeden Morgen in die Schu­le.

 
Bei Altersangeben:
Sarà tra i quaranta e i cinquanta. Er wird zwischen vierzig und fünfzig sein.
Giovedì viene Maria a trovarmi. Diesen Donnerstag kommt Maria zu Besuch.
Aber: Gino ha vent'anni Gino ist zwanzig Jahre alt.

 
Bei gewohnheitsmäßigen oder in einem bestimmten Kontext vor­her­sag­baren Handlungen wird auch der bestimmte Artikel verwendet.
Prendiamo il caffè? Wollen wir jetzt Kaffee trinken?
Aber: Prendiamo un caffè? Wollen wir einen Kaffee (statt etwas anderem) trinken?
Prendiamo il tram o prendiamo un taxi? Fahren wir mit der Stra­ßen­bahn oder nehmen wir ein Taxi?

 
Es gibt eine Reihe von Redewendungen, bei denen im Italienischen, aber nicht im Deutschen der bestimmte Artikel verwendet wird.
Gianni si è preso la macchina. Gianni hat sich ein Auto gekauft.
Roberto si è fatto la ragazza. Roberto hat sich eine Freundin zuge­legt. (wörtlich: ... sich ein Mädchen „gemacht")
Gabriella ha la tosse / la febbre Gabriella hat Husten / Fieber.
Alfredo fa il bagno. Alfredo nimmt ein Bad.

 
Bei Verwandschaftsbeziehungen:
Ha la madre francese. Er hat eine französische Mutter.
Domani viene lo zio. Morgen kommt mein/unser Onkel.

 
Bei Sprachen wird meistens der def. Artikel verwendet. Er kann aber nach den Verben „parlare“, „studiare“ und „insegnare“ weggelassen werden.
Io parlo lo spagnolo. Ich spreche Spanisch.
Parli italiano? Sprichst Du Italienisch?

In Norditalien verwendet man in der Um­gangs­spra­che nicht selten den bestimmten Artikel vor weiblichen Vornamen: la Laura, la Gianna, besonders unter Freunden und Verwandten. Selten auch vor männlichen Namen: L'Alberto.

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Vor männlichen Familiennamen wird – wenn auch immer seltener – der Ar­ti­kel im Fall von berühmten Persönlichkeiten der Vergan­gen­heit verwendet: Il Caravaggio, il Botticelli. Ebenso vor Personenamen, die den Titel einer Oper darstellen: L'Aida, La Carmen, L'Adelchi.
Vor weiblichen Familiennamen wird noch oft der Artikel verwendet: La De­led­da, la Merkel. Dieser Gebrauch des Artikels wird immer seltener, schon weil er diskriminierend erscheint. So geht man immer mehr dazu über, bei berühmten Frauen statt des Artikels den Vornamen zu nennen: Angela Merkel, Grazia Deledda.

Der bestimmte Artikel vor Titeln oder Berufsbezeichnungen ist ein Kapitel für sich, bei der Deutschsprachige sich selten leicht tun. Dazu an anderer Stelle ein paar Informationen.
 
 
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