Film/ Medien

Ein irres Klassentreffen (1975)
   


Originaltitel: Amici miei
Regie: Mario Monicelli
Darsteller: Ugo Tognazzi, Philippe Noiret, Gastone Moschin, Adolfo Celi, Ber­nard Blier, Duilio del Prete, Milena Vukotic
Was ist es, das an der sogenannten commedia all'italiana, dem populären Film-Genre der 1960er Jah­re, so fasziniert? Es ist vor allem ihre Ver­wur­zelung in der genau beobachteten, sehr oft absurden Realität des Alltags, die die Figu­ren und ihre Kon­flikte echt und sehr menschlich erscheinen lässt. Bei diesen Filmen handelt es sich nur selten um klas­si­sche Komödien, denn sie sind durchdrungen von tra­gi­komischen, wenn nicht sogar von dra­ma­tischen Ele­men­te zum, ganz nach der großen Tradition des Neorealismus.

Die Bitterkeit, die dem Ende der Illusion von Wohl­stand für alle folgt, und die sozialen Spannungen, die Italien in den 1960er und 1970er Jahren präg­ten, tau­chen in diesem Filmgenre auf. Das Lachen hat in den meisten Fällen me­lan­cholische, wenn nicht sogar traurige Züge. Das Happy End, das leichte, humorvolle Finale ver­schwin­det endgültig, es überlässt das Feld der Unsi­cher­heit einer condition humaine ohne Perspektiven.
Amici miei ist einer der letzten Filme der Com­me­dia all'italiana, er findet noch den richtigen Mittelweg zwischen feinen Humor, Ulk und auf­ge­klär­ter, me­lan­cho­lischer Betrachtung der Welt.

Zu erwähnen ist auch die wun­der­ba­re Filmmusik des Kom­po­nis­ten Car­lo Rustichelli. Seine Arbeiten für Pietro Germi führten zu seinem Durchbruch. Der auch in Deutschland berühmte Film­kom­ponist Ennio Morricone („Spiel mir das Lied vom Tod“) wurde nachhaltig von seinen Werken beeinflusst.

Der deutsche Titel ist nicht gerade gut getroffen. Mit Klassentreffen hat der Film an und für sich über­haupt nichts zu tun. Es geht hier viel mehr um eine Gruppe in die Jahre gekommener Freunde, die sich re­gelmäßig treffen, um zusammen anderen Menschen heftige und nicht selten auch sehr derbe Streiche zu spie­len. Jugendstreiche von Er­wach­se­nen, quasi, die auch dann noch Spaß zu machen scheinen, wenn man aus den Alter hinausgewachsen ist machen die noch Spaß, wenn man längst er­wach­sen geworden ist? Perozzi, Melandri, Mascetti, Necchi sind immer bereit, jemanden auf die Schippe zu nehmen. Anfangs sind sie noch zu viert. Später, als Melandri sich bei einem Klinik­auf­ent­halt in Donatella verliebt, die Ehefrau des Chefarztes Sassaroli, kommt letzterer zu ihrem Quartett hinzu.
Szene auf dem Bahnhof
Nachdem Donatella mit Kind, Hund und Kegel bei Melandri eingezogen ist (wobei es Sassaroli nur so recht ist, sich der anstrengenden Frau entledigt zu haben), ziehen die nunmehr fünf Junggebliebenen zusammen los, um die Welt mit ihren streichen zu verunsichern. Sie ohrfeigen vom Bahnsteig aus Reisende eines ab­fahr­enden Zuges, versetzten die Einwohner eines kleinen Dorfes in Panik, indem sie vorgeben vom Straßenbauamt zu sein und den Bau einer Autobahn durch den Ort mit dem damit ver­bundenen Abriss von Häusern und Kirche an­kün­digen. Kurz darauf spielen sie die Drogendealer, um den gierigen Rentner Righi zu bestrafen.
Der Film war sehr erfolgreich und ihm folgten des­halb zwei weitere, auch gar nicht schlechte Folgen.