Literatur/ Presse

Francesco Petrarca
 
Dante Alighieri (1265-1321), Francesco Petrarca (1304-1374) und Giovanni Boccacio (1313-1375) werden häufig als die drei flo­ren­ti­ner Kronen („Tre corone fiorentine“) der italienischen Literatur bezeichnet, die für die Literatur gemeinsam den Weg in die Renaissance bahnten. Dante, der als Prosaist und Lyriker den Auftakt spielte, Petrarca, der als Ly­ri­ker die Entwicklung weiterführte und Boccaccio als der große Erzähler.
Mehr noch als Dante, der vielen Italienern als schwierige Pflichtlektüre aus der Schulzeit verleidet ist, gehört Petrarca auch heute noch zu den Lieb­lings­dichtern der Italiener.

Francesco Petrarca (Arezzo, 20. Juli 1304 – Arquà Petrarca, 19 Juli 1374) war ein ita­lie­ni­scher Schriftsteller, Dichter und Humanist. Sein be­kann­tes­tes Werk ist der „Canzoniere“.
Sein Vater, der Notar ser Pietro di ser Parenzo, wurde 1302 als Guelfe (Papst­anhänger) aus Florenz verbannt. Deshalb verbrachte Petrarca die frühe Kind­heit in Incisa, Arezzo und Pisa. Mit sieben Jahren ging Petrarca mit seinem Vater nach Avignon. In Montpellier und Bologna studierte er Jura. Nach dem Tode seines Vaters kehrte er 1326 in die Provence zurück.

Laura
Am 6. April 1327 traf er in der Kirche von Santa Chiara in Avignon eine ver­heiratete Frau, die er Laura nannte und in die er sich verliebte. Es han­delte sich höchst­wahr­schein­lich um Laura de Noves, die Ehefrau von Ugo de Sade. Pe­trar­cas Liebe war eine echte Liebe für eine real existierende Frau. Seine Liebe wurde zwar nicht erwidert aber der Eindruck von Laura wirkte derartig stark auf den Dichter, dass er sie zeitlebens verehrte und in ihr eine dauer­hafte Quelle seiner dichterischen Inspiration fand.
Ihr widmete Petrarca sein be­rühm­tes Werk, den „Canzoniere“, eine Samm­lung von Gedichten, in der er seine unerfüllte Liebe zu ihr besingt. Mit dieser Form der Lie­bes­dichtung, in der Petrarca die tra­di­tionelle Troubadourlyrik mit seinem eigenen Stil verband, übte Pe­trar­ca so großen Einfluss auf die euro­pä­ische Dichtung des Mittelalters aus, dass eine neue Stilform, die weit in die Neuzeit hinein fortlebte und den Minnesang ablöste, nach ihm benannt wird: der Petrarkismus.
Anselm Feuerbach: Die schicksalhafte Begegnung mit Laura
In dieser Art Dichtung erleidet der Mann grau­sa­me Liebesqualen, und sein Herz wird von der Liebe verzehrt. Die Frau, die er liebt, ist ihm gegenüber hingegen ablehnend und kalt.

Mont Ventoux
„Und da gehen die Menschen dahin und bewundern die Höhen der Berge, das mächtige Wogen des Meeres, die breiten Gefälle der Ströme, die Weiten des Ozeans und den Umschwung der Gestirne - und verlassen dabei sich selbst." Das Zusammenfallen dieser Aussage aus den Bekenntnissen des Kirchen­va­ters Augustinus mit dem Naturerlebnis der Besteigung eines Berges im Süden Frankreichs führten bei Petrarca zu einer geistigen Wende.
In einem auf den 26. April 1336 datierten Brief schildert er, wie er zu­sam­men mit seinem Bruder den Mont Ventoux in der Provence bestieg.
„Den höchsten Berg dieser Gegend, den man nicht
unverdient Ventosus, den Windumbrausten, nennt,
habe ich am heutigen Tage bestiegen, einzig von
der Begierde getrieben, diese ungewöhnliche
Höhenregion mit eigenen Augen zu sehen"
.

Francesco Petrarca: Ein Intellektueller im Europa des 14. Jahrhunderts
Canzoniere
Italienisch/ Deutsch
Francesco Petrarca:
Ein In­tel­lek­tuel­ler im Eu­ro­pa des 14. Jahr­hunderts

Durch dieses Erlebnis überwand Petrarca das für das Mit­telalter typische Bild einer menschenfeindlichen Welt, die nur Durch­gangsstation ins Jenseits war. Wie auch in der Land­schaftsmalerei dieser Zeit er­gab sich bei Petrarca eine Änderung der Natur- und Land­schafts­erfahrung, bei der sich ästhetische und kontemplative Aspekte miteinander verbin­den. Die Be­stei­gung des Mont Ventoux gilt deshalb bei einigen Gelehrten als das Schlüs­sel­er­eig­nis des Über­gangs vom Mittelalter zur Neuzeit. Darüber hinaus gilt Petrarca wegen die­ser ersten „tou­ris­ti­schen“ Berg­besteigung als Initiator des Alpinismus.

Petrarca zog sich nach Reisen durch Frankreich, Belgien und Deutschland in Vaucluse, einem Dorf bei Avignon, zurück, wo er von 1337-1349 lebte, um in Ab­ge­schie­den­heit sei­ner Ar­beit nach­zu­ge­hen. In die­ser Zeit reis­te er al­ler­dings öf­ter nach Deutsch­land, Bel­gien und Ita­lien, wo er unter an­derem Boccaccio und Cola di Rienzo ken­nen­lernte. 1341 wurde Pe­trar­ca vom römischen Senat auf dem Kapitol in Rom zum Dichterfürsten (poeta laureatus) gekrönt. Zwischendurch ging er an den Hof des Kardinals von Avignon, für acht Jahre war er Gesandter in Mailand.
Von 1353 bis 1361 lebte Petrarca in Mailand, und von 1361 bis 1374 in Padua, Venedig und Arquà. Sein starker Glaube an die Rolle eines vereinten Italiens als kultureller Erbe des Römischen Reiches hat seinen Ursprung vermutlich in seinen Reisen.

Canzoniere
Petrarca gilt als Mitbegründer des Humanismus und als einer der größ­ten Dichter Italiens. Für sein größtes Werk, den Canzoniere war Petrarca immer wieder um Verbesserungen bemüht. Er starb während der neunten Abfassung der Texte.
Der Canzoniere mit der unsterblichen Figur der geliebten Laura ist ein Zy­klus von 366 Gedichten, darunter 317 Sonette, in denen die reine, aus­dau­ernde Liebe zu Laura, der donna angelicata(engelgleichen Frau [ ]) besungen wird, weist Petrarca als Meister der Liebeslyrik aus und macht ihn zum Vorbild für das folgende Jahrhundert.
EINE KLEINE KOSTPROBE
XIV.
Hell frische, süße Wogen,
Die jüngst die schönen Glieder
Der Einz'gen, die mir Herrinn scheinet, kühlten!
Ihr Zweige, zart gebogen –
Mit Seufzen denk' ich's wieder –
Die stützend ihren holden Körper hielten!
Ihr Blüthen, die da spielten
Um's Kleid ihr, loos' und leichte,
Um Busens Engelreine!
O Luft, du heil'ge, reine,
Wo Amor mir ihr Herz im Auge zeigte!
Vernehmt all', was ich sage,
Vernehmt die letzte schmerzensvolle Klage!
Ist's einmahl mir beschieden,
Des Himmels fester Wille,
Daß dieses Herz in Liebesweh ersterbe,
So finde ihren Frieden
Bey euch die kranke Hülle,
Und nackt der Geist die alte Wohnung erbe.
Der Tod ist minder herbe,
Wenn zu dem dunkeln Orte
Die Hoffnung mit mir ziehet.
Denn nimmermehr entfliehet
Der matte Geist in ruhigerem Porte,
Nimmer in stillern Thalen
Seinen Gebeinen, abgemüht in Qualen.
Arquà Petrarca
Vielleicht erscheint die Stunde,
Wo an gewohnter Stelle
Das schöne sanfte Wild sich wird ergehen,
Und sehnend in der Runde
Mich suchen, an der Quelle,
Da sie am heil'gen Tage mich gesehen,
Und wird – könnt' ich's erflehen! –
Wenn Staub sie unter Steinen
Mich sieht, von Lieb' umfangen,
So süß in Seufzern bangen,
Daß mir des Himmels Gnade muß erscheinen;
Ja ganz wird sie ihn zwingen,
Wenn ihre Thränen in den Schleyer dringen.
Es quoll von zarten Zweigen –
Mit Wonne denk' ich's immer –
Herab auf ihren Schooß ein bunter Regen.
Mit demuthvollem Schweigen,
In all' der Glorie Schimmer,
Saß überdeckt sie von der Blüthen Segen,
Die um den Saum sich legen,
An blond Gelock sich schmiegen,
Das an dem Tag die Holde
Gleich Perlen schmückt' und Golde;
Zur Erde die, auf Wellen jene fliegen,
In schwebendem Getriebe
Umkreisend rufen andr': Hier herrscht die Liebe!
Wie oft sprach ich voll bangen
Erstaunens da: »In Wahrheit,
Sie stammt aus paradiesischem Gefilde!«
So hatte mich befangen
Des Leides Himmelsklarheit,
Ihr Aug', ihr Wort und ihres Lächelns Milde,
Und von dem wahren Bilde
Mich also abgeschieden,
Daß oft ich rief beklommen:
Wie bin hieher ich kommen? –
Im Himmel dünkt' ich mich, nicht mehr hienieden. –
In diesen Blumengründen,
Sonst nirgend kann seitdem ich Ruhe finden.
Wär' dir der Schmuck, Canzone, den du wünschest
Du könntest sonder Zagen
Aus Waldesdunkel in die Welt dich wagen.
XVIII.
Hab ich nach jener Seite mich gewendet,
Wo ihr Gesicht mir leuchtet gleich dem Tage,
Und denk ich, wie so hell ihr Auge tage,
Des Licht mir brennend Teil für Teil entwendet,
Dann fürcht ich, daß mein Herz sich von mir wendet;
Und, nah das Ende sehend meiner Tage,
Zieh ich dahin ein Blinder, fremd dem Tage,
Der spurlos geht, und doch den Fuß nicht wendet.
So eil ich fort, dem Tode zu entrinnen,
Doch nicht so schnellen Laufs, daß nicht die Wünsche
Mir folgten, wie sie immer mich begleiten.
Stumm geh ich; denn ich weiß, es würden rinnen
Viel Zähren um mein totet Wort – und wünsche,
Daß nur aus meinen Augen Tränen gleiten.

Schon zu Lebzeiten genoss Petrarca große Anerkennung. Er starb am 18. Juli 1374 auf seinem Landgut in Arquà.