Film/ Medien

Il Postino (1994)
 


Auf den Film „Der Postmann“ kam ich durch reinen Zu­fall. Er lief gerade im Fern­sehen, als ich ein­schaltete, und ich hatte sofort den Eindruck, etwas erkennen zu kön­nen. Eine raue, und doch sanfte Landschaft, das Meer, Menschen, die noch fernab der Realität zu leben schie­nen, die ein Italien in meinen Gedanken wie­der­er­weck­ten, das es heute nicht mehr gibt, eine Insel, die ich Jahre zuvor besucht hatte.
Die Insel Salina ist die unscheinbarste, un­be­kann­tes­te und am wenigsten mon­dä­ne Insel der Äolien. Sie gilt noch als bäuerlich. Kein Vergleich mit der lebhaften Lipari, der mon­dänen Panarea oder der mystischen Insel Stromboli.
Und gerade das stille Dorf Pollara, das am weitesten vom Hafen in San­ta Marina entfernt liegt und dessen öf­fent­li­ches Leben sich fast nur auf eine Tele­phon­zelle und eine Kirche beschränkt, wurde als Drehort für diesen sehr poetischen Film erwählt.
Deutscher Titel: Der Postmann
Regie: Michael Radford, Massimo Troisi
Darsteller: Philippe Noiret, Massimo Troisi, Maria Grazia Cucinotta, Rena­to Scarpa, Linda Moretti
Handlung:

Durch seine Freundschaft zum chi­le­ni­schen Dichter Pablo Ne­ru­da, der auf einer italienischen Insel im Exil lebt, lernt der dortige Post­bote seinen Gefallen an der Dicht­kunst kennen - und durch diese wiederum kann er das Herz einer Frau erobern.

Drehorte: Im Film werden die Naturaufnahmen auf Salina (Lipa­ri­sche Inseln) ge­dreht, die berühmte Ha­fen­pro­me­nade (la corricella) stammt jedoch von der kleinen Insel Procida im Golf von Neapel.

Dem Film „Il Postino“ gelang das seltene Kunststück, als fremdsprachiger Film für die Oscar-Kategorie „Bester Film" nominiert zu werden. Insgesamt brachte es die wehmütige Komödie auf fünf No­mi­nierungen und gewann den Oscar für die beste Musik. Die Liebeserklärung an Leidenschaft, En­ga­gement und Poesie läutete auch welt­weit eine Pablo-Neruda-Renaissance ein.
Auf einer wahren Begebenheit beruhend, spielt Troisi einen schüchternen Briefträger, der sich mit dem im Exil lebenden chilenischen Poeten Pablo Neruda (Philippe Noiret) anfreundet. Durch Neruda beginnt der Postbote, seine Heimat, ein italienisches Fischerdorf, mit neuen (lyrischen) Augen zu sehen. Er lernt wie man mit Frauen umgeht und findet schließlich sogar die Kraft seine politischen Über­zeu­gungen zu vertreten. Die charmante, rührende Geschichte entwickelt sich zunehmend zu einem komplexen, ergreifenden Film über den Schmerz der Selbsterkenntnis.

Ein Film wie ein Gedicht. Die Poesie lauert überall, genau wie die Liebe. Und genauso, wie sich jeder von uns verlieben kann, kann auch jeder von uns Poesie schaffen. Dafür muss man nicht klug, nicht gebildet, und nicht wort­ge­wandt sein. Man muss nur sein Herz sprechen lassen.
Das ist eine der zentralen Botschaften von „Il pos­tino“, und spätestens wenn man diesen Film gesehen hat, unterschreibt man diese These ohne Wider­spruch.
„Il postino" ist ein Film Philippe Noiret, Massimo Troisi, Maria Grazia Cucinottaüber die etwas unge­wöhn­li­che Freundschaft zweier grund­ver­schie­dener Män­ner. Zwischen den Welt­krie­gen wird der chi­le­ni­sche Dich­ter und No­bel­preis­trä­ger Pablo Neruda auf­grund seiner politischen Standpunkte ins Exil ver­wiesen. Er entscheidet sich für eine kleine ita­lie­nische Insel. Die Leute dort sind so fernab der Realität und so sehr aufs tägliche Fischen kon­zen­triert, dass kaum jemand Notiz von dem großen Dichter nimmt. Bis auf Mario. Als er in der Wo­chen­schau einen Bericht über Neruda sieht, fragt er sich, warum alle Frauen so fasziniert zu sein schei­nen von diesem alten Mann. Um dies heraus­zu­finden, nimmt Mario die Arbeit als Postbote an, dessen ein­zige Aufgabe darin besteht, Nerudas tägliche Fanpost zu seinem entlegenen Häuschen zu fahren.
Der Postmeister ist überzeugter Kommunist und erklärt Mario, was Neruda alles für das Volk getan hat, und dass dies der wichtigste Teil seiner Arbeit sei. Das beeindruckt Mario wenig, da er es sowieso kaum versteht, und so versucht er nach und nach, sich dem Dichter zu nähern und etwas unbeholfen in Erfahrung zu bringen, was es mit der Poesie auf sich hat, dass sie alle Frauen der Welt zu verzaubern vermag. Und so lernt Mario vom großen Neruda, wie man den Poeten in sich entdeckt, wie man seine Ge­dan­ken zu Papier bringt, und wie einfach Metaphern sein können, auch wenn man keine Ahnung hat, was Metaphern überhaupt sind. Mit dieser Unterstützung versucht Mario dann, seine große Liebe Beatrice für sich zu gewinnen.

Il postino (DVD) Das Jahrhundert des Kinos 100 Jahre Film: Italien

Zur Entstehung des Films
Der Film „Il postino" ist untrennbar mit einer sehr schmerzhaften, realen Tat­sache ver­bun­den, durch die er erst richtig bekannt wurde: Massimo Troisi, der Darsteller des Mario, starb einen Tag nach Ende der Dreharbeiten.
Im Frühjahr 1992 hatte ihm Natalie Caldo­naz­zo, seine Freundin, den Roman von An­tonio Skármeta, „Ardiente paciencia“ ge­schenkt, der in Italien unter dem Titel „Il postino" veröffentlicht worden war.
Massimo war seiner ewigen Rollen als Ko­mi­ker überdrüssig. Die Filme, in denen er mit­gewirkt hatte, bewegten sich immer hart an der Gren­ze zum Klamauk, im Fernsehen hatte er durch die Comedy-Serie Non Stop einen gewissen Bekannt­schafts­grad erreicht.
Kaum hatte er die ersten hundert Seiten des Buches gelesen, schon lief er zum Pro­du­zen­ten Gaetano Daniele, um ihn zu bitten, die Filmrechte für das Buch zu kaufen. Weil ihm die alleinige Verantwortung allerdings zu groß erschien, zog er den britischen Drehbuchautor und Filmregisseur Michael Radford mit ins Boot.
Il postino - Trailer ()
Der Drehbeginn war für September vorgesehen, aber Massimo Troisi war zur Zeit der Dreharbeiten bereits schwer herzkrank - er war 1976 schon einmal am Herz ope­riert worden - und hatte teilweise starke Schmerzen, so dass er am Tag höch­stens zwei Stunden drehen konnte. Schließlich mussten die Dreh­arbeiten so­gar für Monate unterbrochen werden, weil Troisi ins Kranken­haus eingeliefert wurde. Der Regisseur erzählte, was sich das Team alles ein­fallen ließ, um die Zeit seiner Abwesenheit für andere Aufnahmen zu nutzen und wie man die Szenen so arrangierte, dass er im Sitzen spielen konnte, wenn er selbst da war. Für die Szenen, bei denen der Postbote mit dem Fahr­rad den Berg hoch fährt, was für Troisi eine absolut unmögliche Aufgabe war, fand man ein Double - übrigens ein großer Fan von Troisi.
Troisi weigerte sich, das Filmen zu unterbrechen, um eine Herztransplantation vornehmen zu lassen. Er sagte, in seinem unverwechselbar neapolitanischem Akzent: „questo film lo voglio fà co' 'o core mio“ (diesen Film will ich mit mei­nem eigenen Herzen machen).

Am Freitag, den 3. Juni 1994, als der Film endlich vollendet war, war es für Troisi zu spät. Er erlitt einen Herzinfarkt und verstarb daran.

„Il postino" war für Troisi die Bestätigung für seine Liebe zur Poesie. Er erleb­te die Gefühlsregungen der Dichtkuns als einen Weg, seine Krankheit zu be­sie­gen und den Tod in Schach zu halten, so dass sein Wille, den Film zu reali­sie­ren, zu dessen tiefgründigen Inhalt macht.


In Wahrheit lebte der Dichter Pablo Neruda, als er im Exil war, eine Zeit lang auf der Insel Capri und in Neapel. Verschiedene Szenen des Films wurden auf der Insel Procida, im Golf von Neapel, gedreht.