Geschichte

Der Untergang der Andrea Doria
Und dann Paula aus St. Pauli
die sich immer auszieht
und Lola hat Geburtstag
und man trinkt darauf
dass sie wirklich mal so alt wird
wie sie jetzt schon aussieht.
Und überhaupt ist heute
alles klar auf der Andrea Doria.
Der bekannte Song von Udo Linden­berg aus den 1970er Jahren dürfte im deutschsprachigem Raum einen höheren Bekanntheitsgrad haben als das Schiff, von dem die Rede ist. Höchste Zeit, um die Erin­nerung an ihre letzte Fahrt hier ein bisschen aufzufrischen.

Die 29.000 Bruttoregistertonnen große Andrea Doria war ein italieni­sches Passagierschiff der Reederei Società di navi­gazione Italia mit Hei­mat­ha­fen Genua, das nach dem ge­nu­eser Admiral Andrea D'Oria benannt war, der im XVI. Jahrhundert Genua von den fran­­sischen Truppen befreit hatte und die Republik wieder hergestellt hatte. Die Andrea Doria war der Stolz der italienischen Kreuzfahrtflotte, das größte, schnellste und ver­meint­lich si­cher­ste Schiff Italiens. Es war mit einem Doppelrumpf aus­ge­stattet und mit Schotts in elf wasserdichte Abteilungen aufgeteilt. Und im Ge­gensatz zur Titanic verfügte es über Rettungsboote für alle. Das Schiff war am 16. Juni 1951 vom Stapel gelaufen und hatte seine Jungfernfahrt am 14. Januar 1953 unternommen.

Die Andrea Doria war auf ihrer 51. Fahrt un­ter­wegs, von Genua nach New York. Die meisten Passagiere waren guter Stimmung und feierten Ab­schied nach der Überquerung des Atlan­tiks und freuten sich auf ihre Ankunft in New York.


Andrea Doria
Luxusliner
Andrea Doria. Der Untergang des Luxusdampfers und die dramatische Rettung seiner Passagiere
Alles Klar auf der Andrea Doria
Legendäre Luxusliner
Andrea Doria: Der Un­ter­gang des Lu­xus­damp­fers und die dra­ma­tis­che Ret­tung sei­ner Pas­sagiere

Da geschah es: Mit Entsetzen starrte Kapitän Piero Calamai in den Nebel: Langsam und lautlos kam der Andrea Doria ein Schiff entgegen. Es fuhr exakt auf Kollisionskurs.
Um 23:20 Uhr des 25. Juli 1956 wurde das Schiff von einem ge­wal­tigen Stoß erschüttert. Die Andrea Doria war auf der Höhe der Brücke von der in Richtung Osten fah­r­enden SS Stock­holm der schwedischen Svenska Amerika Linie gerammt wor­den. Um 0:35 Uhr lautete der Funk­spruch der Andrea Doria: „Haben zu viel Schlag­sei­te. Un­mög­lich, Ret­tungs­boo­te nie­der­zulassen. Sen­det sofort Ret­tungsboote.
Bei der Kollision durchbrach der Eisbrecherrumpf der Stockholm die Steu­er­bord­seite der Andrea Doria und zerstörte zahlreiche Passagierkabinen und sogar einige wasserdichte Abteilungen. Gleichzeitig wurden die fast leeren Treib­stofftanks aufgeschlitzt und durch die Lücke von Hunderten von Tonnen Meer­was­ser überflutet. Aus diesem Grund ent­wi­ckel­te die Andrea Doria eine starke Krängung, wegen welcher die Hälfte der verfüg­baren Rettungsboote nicht bemannt werden konnten.

Nur die schnelle Hilfe anderer Schiffe ver­hin­derte eine ähn­lich ver­hee­ren­de Katastrophe wie 1912 bei der Titanic, die über 1500 Menschen­leben kos­tete. So konnte ein Großteil der Passagiere und der Be­satz­ung gerettet werden. Auf der Andrea Doria starben 46 Men­schen. 1660 Men­schen wur­den gerettet.

Wie es in zur Kollision kommen konnte, wurde niemals vollständig geklärt - auch eine spätere Seegerichtsverhandlung brachte keine Klä­rung. Sie endete mit einem Vergleich zwi­schen den beiden betroffenen Reedereien.
Aber so viel steht jedoch fest: Am Abend des 25. Juli befand sich die Andrea Doria auf Westkurs in Rich­tung New York. Das Einlaufen in den New Yor­ker Ha­fen war für den nächsten Morgen vorgesehen.
Untergang der Andrea Doria []

Etwa 50 Meilen vor der Insel Nantucket vor der Küste von Massa­chusetts, war dicker Nebel ein­gefallen. Der Kapitän der Andrea Doria, Piero Ca­la­mai, redu­zierte die Geschwindigkeit des Schiffes und ließ alle 100 Se­ku­nden das Nebel­horn betätigen und die Schotten, wasserdichte Zwi­schen­wän­de, die das Schiff vom Kiel bis über die Wasserlinie durchziehen, schließen. Zusammen mit den an­deren Offiziere auf der Kommandobrücke überwachte er sorgfältig den Radar­schirm.

Zur gleichen Zeit fuhr das etwas kleinere Pas­sa­gier­schiff SS Stockholm, auf der Rückfahrt von New York nach Schweden, in östlicher Richtung.

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Auf der Stockholm hatte um diese Zeit der dritte Offizier Ernst Car­stens-Jo­hannsen Dienst. Kapitän Harry G. Nordenson hatte sich zur Ruhe begeben, aber den Befehl gegeben, ihn bei besonderen Ereignissen schnell­stens auf die Brücke zu holen. Carstens-Johannsen war der ein­zige Offizier auf der Brücke. Weil er bei einer Funkpeilung festgestellt hatte, dass das Schiff etwas nord­wärts vom Kurs abge­kommen war, befahl er eine leichte Rich­tungs­änderung von zwei Grad nach Süden. Etwas später stellte er auf dem Radarbild einen hellen Punkt fest, der ein ent­ge­gen-kom­men­des Schiff sig­nalisierte.
Der junge Carstens hatte unglücklicherweise keine Kenntnis von der Bedeu­tung des ver­schlüsselten akustischen Wettersignals, das das Feuerschiff Nantucket (ein vor Anker liegendes und mit einem Leuchtfeuer ausgestattetes Schiff, das als Na­vi­ga­tions­hil­fe dient) ausgesandt hatte, um vor ge­fähr­li­chem Nebel in seinem Bereich zu warnen.
Das Radarbild zeigte ihm, dass beide Schiffe, wenn sie ihre Kur­se beibe­hiel­ten, einander Backbord an Backbord pas­sie­ren würden. Carstens be­schloss, das Schiff nach Steuerbord zu drehen, um einen besseren Sicher­heits­abstand zu gewinnen, kündigte diese Wendung aber nicht per Typhon-Signal an, was den Italiener gewarnt hätte. Durch die eigene starke Dre­hung richtete sich der Vordersteven (vordere Abschluss des Schiffsrumpfes) der Stockholm direkt auf die Breitseite der Andrea Doria.

Tauchfahrt in die Vergangenheit: Andrea Doria
Auf der Andrea Doria hatte die Radarüberwachung Kapitän Calamai davon über­zeugt, dass sein Schiff Steuerbord an Steuerbord das ent­ge­gen­kom­men­de Schiff in ausreichendem Abstand passieren würde. Sicherheitshalber be­fahl er, um vier Grad nach Backbord zu drehen, um auf diese Weise den Ab­stand der Schiffe zu­einander zu vergrößern. Diese geringfügige Korrektur wurde aber auf der Stock­holm nicht bemerkt.
Plötzlich tauchte die riesige Andrea Doria un­mit­tel­bar vor der Stockholm aus dem Nebel auf. Es war unmöglich noch etwas gegen die be­vor­ste­hen­de Ka­tas­tro­phe zu unternehmen. Die Wucht der Kol­li­sion war gewaltig.

Was die Zahl der Opfer betrifft, gab es 46 tote Passagieren auf der Andrea Doria und fünf tote Besatzungsmitgliedern auf der Stockholm. Hunderte Men­schen wurden verletzt. Alle Opfer starben während der Kollision zurück­zu­führen. Niemand durch Ertrinken.
Das Überleben der meisten Passagiere der Andrea Doria wurde durch eine beispiellose Rettungsaktion gewährleistet: Gleich mehrere Schiffe folgten den SOS-Rufen der Andrea Doria und nahmen die Schiffbrüchigen auf. Sogar die Stockholm nahm Hunderte Passagiere auf.
Die glückliche Entscheidung des Kapitäns der SS Ile de France, Baron Raoul de Beau­dean, sein Schiff umzudrehen und an der Rettung teil­zu­nehmen, war ausschlaggebend für die Rettung. Mit den zehn Ret­tungsbooten der Ile de France, die zur Andrea Doria und zurück pendelten, wurden viele Menschen gerettet. Viele der Schiffbrüchigen wurden auch von den Ret­tungs­booten weiterer Schiffe aufgenommen. Gegen Tages­anbruch war die Ret­tungs­aktion zu Ende.
Nach der Evakuierung überlegte der Kapitän zu­nächst, ob es noch eine Mög­lich­keit gegeben hätte, die Andrea Doria in flache Gewässer abschleppen zu lassen. Es war aber nichts mehr zu machen: Am Morgen nach der Kollision kenterte das glück­li­cher­wei­se völlig evakuierte Schiff und sank.

Der Unfall hatte viel Interesse durch die Medien und zahlreiche Pro­zesse zur Folge, die sich sich ins­be­sondere durch die spitzfindigen Verhör­me­tho­den und die Tricks der Anwälte beider Seiten auszeichneten. Die Anwälte der Italia Linie forderten von der schwedischen Seite den vollen Ersatz des Schiffes sowie alle von den Passagieren und deren Angehörigen zu er­war­ten­den Ent­schä­di­gungs­for­de­run­gen. Die Schweden wiesen dies entschieden zurück und wollten ihrer­seits Schadensersatz für den Bug der Stockholm und den Ausfall der Einnahmen während der Zeit der Reparaturen in der Werft.
Im Visier der italienischen Anwälte war haupt­sächlich der dritte Offizier der Stockholm, den sie in die Enge zu treiben ver­such­ten, um damit ihm und der schwe­di­schen Sei­te schwer­wie­gen­de Ver­säum­nis­se und die Al­lein­schuld nach­zu­wei­sen. Carstens, der auch mehrfach in Ver­le­gen­heit geriet, lernte aber, sich immer besser zu verteidigen, und gewann schließlich sogar Sym­pa­thie bei Presse und Zuhörern. Auf der anderen Seite wurde Piero Calamai stark in die Man­gel genommen. Doch ehe der Prozess zu Ende war, einigten sich beide Seiten überraschend außer­ge­richtlich. Schließlich waren beide Ree­de­reien bei Lloyds in London versichert.

Die Schuldfrage wurde nie richtig geklärt. Man sprach von einer „Verkettung unglücklicher Um­stän­de“. Doch gab es natürlich Versäumnisse und Unge­reimt­heiten. Beide Seiten haben z.B. of­fen­sicht­lich ihre Radarbilder nicht exakt beobachtet und außerdem falsch interpretiert. Beide Schiffsführer hätten die Geschwindigkeit wegen des Nebels stärker reduzieren müssen.
Neuere Nachforschungen gehen von einer Schuld der Stockholm aus. So sollen Untersuchungen des Wracks der Andrea Doria Schlüsse auf eine zu hohe Geschwindigkeit der Stockholm zulassen.
Des weiteren haben Studien und Com­pu­ter­si­mu­la­tio­nen seitens des Kapitäns Robert J. Meurn der U.S. Merchant Marine Academy, teilweise basierend auf die Entdeckungen von John C. Carrothers , zur Schlussfolgerung ge­führt, dass es Carstens-Johannsen war, der die Radarsignale falsch ge­deu­tet hatte und die wirkliche Entfernung der beiden Schiffe nicht erkannt hatte, was auf eine falsche Einstellung des Radar zurückzuführen war.
Bereits 1957 war eine Untersuchung des ita­lie­ni­schen Ministero della Marina Mercantile zum gleichen Schluss gekommen, die Ergebnisse sollen aber unter Verschluss gehalten worden sein in Folge der Ei­ni­gung der Versiche­rungs­ge­sellschaft mit den Reedereien.
Nach dem Unglück der Andrea Doria sanken keine weitere große trans­atlan­tische Passa­gier­schiffe, nicht zuletzt weil sie mehr und mehr von Flug­zeu­gen abgelöst wur­den. Das Wrack liegt noch heute in etwa 75 Meter Tiefe auf Grund.  
Es stellten sich in der Folge zahlreiche Fragen: Befanden sich auf der Andrea Doria tatsächlich Geld, Gold und Schmuck im Wert von Millionen Dollar? Sank das Schiff, weil es falsch konstruiert war? Aber die Inventarlisten des Tresors tauchten nie wieder auf. Seltsamerweise wurde auch das Log­buch des Schif­fes niemals gefunden.
Eine Reihe von Abenteurern und professionellen Tauchern versuchte zwar diesen vermeintlichen Schatz zu heben, keiner jedoch kam zunächst an die Tresore heran. Erst dem US-amerikanischen Mil­lio­när Peter Gimbel sollte Erfolg haben. Am 17. Au­gust 1981 wurde der Tresor der Andrea Doria ge­bor­gen und vor den Kameras von zahlrei­chen Fern­sehgesellschaften geöffnet. Doch die Öffnung brachte nicht den erwarteten Schatz aus Gold und Edel­stei­nen zum Vorschein, sondern nur zwei Bündel verfaulter Banknoten und einige wassergetränkte Papiere.
 
 
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