Geschichte

Die Kosaken in Friaul


Während des Zweiten Weltkriegs hatte es in der UdSSR wegen den enormen Belastungen des Krieges und der deutscher Besatzung Bruchstellen innerhalb der sowjetischen Gesellschaft gegeben, die zu ver­schie­de­nen Formen von „Kol­la­boration“ führten. Die Gründe der in den Augen von Stalin als „Verräter“ gesehenen Kollaborateure gingen vom Überlebenswillen bis hin zu einem tiefen Hass auf den Bolschewismus. Stalins Sowjetunion ging er­barm­ungs­los gegen diese „Staatsfeinde“ vor, die so ge­nann­ten „bewaffneten Kollaborateuren mit dem Feind“.
Wie während der Revolution fanden sich die Kosaken während des Krieges auf beiden Seiten wieder, wo­bei ein großer Teil wegen ihrer anti­bol­sche­wis­tischen Gesinnung Sympathien für Nazi-Deutschland hegte, das als Bollwerk gegen Stalin gesehen wurde. Zur diesen gehörten auch Verbände von Ko­sa­ken aus der südlichen Sowjetunion.
Im Vor­rü­cken der deutschen Wehrmacht sahen sie eine Möglichkeit, zu ihren alten Rechte und Pri­vi­le­gien zurückzukommen, beispielsweise wieder die or­thodoxe Religion offen zelebrieren zu können. Des­halb bo­ten zahlreiche Kosaken dem Hitler-Deut­schland ihre Dienste an. Um wegen der na­tio­nal­so­zia­lis­tischen Rassenideologie nicht abgelehnt zu werden, erklärte der Kosakenführer Poltawez-Ostrjanyzja sogar, die Kosaken seien in Wirklichkeit Nachfahren der Goten.

Kosaken und Wehrmacht
Kosaken
Friaul
Kosaken und Wehrmacht Die Kosaken im Ersten und Zwei­ten Weltkrieg Einfach gut: Ei­ne ku­li­na­risch-kul­tu­rel­le Rei­se ins Friaul und nach Triest

Ab 1943, auch we­gen den Befürchtungen, die K­os­aken könnten vielleicht nicht gegen ihre eigenen Landsleute auf der anderen Seite kämpfen wollen, wurden die Kosaken-Ein­heiten im September 1943 nach Jugoslawien beordert. Dort bekamen sie die Auf­gabe, die Nachschublinien nach Griechenland zu schützen und die Par­tisanen zu bekämpfen. Denn im 1941 zer­fal­le­nen Ju­go­sla­wien war ein blu­ti­ger Par­tisanenkrieg im Gange. Die kom­mu­nis­ti­schen Tito-Partisanen, die sich inzwi­schen als ju­go­sla­wi­sche Volks­armee bezeichneten, waren Ende 1944 auf mehr als 400.000 Mann angewachsen. Der Kampfesmut und die Beweglichkeit der berittenen Ko­sakenverbände brachten die Partisanen öfters in Be­drängnis.
Als die russischen Streitkräfte immer weiter gegen Westen vorrückten, sahen sich die Kosaken ge­zwun­gen, zusammen mit der Wehrmacht zu­rück­zu­wei­chen. Aber es waren nicht nur die Kampfverbände, denn auch die Fa­mi­lien der Kosaken waren gezwun­gen, ihre Heimat zu verlassen. Im Frühjahr 1944 zogen sich diese so­ge­nann­ten Ko­sa­ken-Stans (Sippen) in das heutige Weißrussland zurück. Am Anfang des Sommers zogen sie dann nach Polen.
Die deutschen Behörden beschlossen, ein neues Siedlungsgebiet für die Kosaken zu su­chen. So wurde ihnen von der Regierung des Deut­schen Reichs ein Gebiet in der ober­ita­lie­ni­schen Provinz Friaul-Julisch-Venetien zugeteilt, in der Gegend von Tolmezzo, unter dem Namen „Ko­sakia“ (Kosakenland Nord­ita­lien). Im Sommer 1944 wurden in 50 Ei­senbahnzügen etwa 35.000 Kosaken aus dem Osten evakuiert und in dieser Gegend angesiedelt.

Die Ortschaften Tolmezzo, Alesso, die Umgebung von Nimis, Cavazzo Car­ni­co, Gemona, der Raum Osoppo, Tarcento, Amaro und einige kleinere Dörfer wurden zu Kosakenzentren. Die Kosaken mussten sich dort selbst versorgen und für sich und ihre Tiere (unzählige Pfer­de, aber auch Dromedare) Unter­künf­te und Lebensmittel besorgen. Das Dorf Alesso wur­de völlig den Kosaken überlassen und es ent­stand dort eine Art Kosaken-Exilregierung.
Sieben Mo­na­te lang leb­ten die Ko­sa­ken-Stans im neu­en „ge­lob­ten Land" Friaul, be­gan­nen da­mit, ei­ne Ver­wal­tungs­in­fra­struk­tur auf­zu­bau­en, pfleg­ten ih­re Le­bens­art, gin­gen ihrer Re­ligion nach, rich­teten sich auf eineren längeren Auf­ent­halt ein. In Treppo wur­de ein Kranken­haus auf­ge­baut, in Cer­civento ein Heim für Kriegsversehrte, in Sutrio eine kaukasische Schule. Ligosullo beherbergte sogar ein Theater, in Sutrio wur­den ein Or­che­ster und eine Tanzschule gegründet. Die Kosaken gaben sogar eine eigene Zeitung heraus: „Kosakische Erde„.
Dass dies die italienische Bevölkerung nicht erfreute, kann man sich denken. Land und Häuser wurden beschlagnahmt, und es kam deshalb auch zu keinem friedlichen Nebeneinander. Die Kosaken wurden als Ein­dringlinge gesehen und mussten von Anfang an ihr neues Land verteidigen. Immer mehr Ein­hei­mi­sche schlos­sen sich den (italienischen) Partisanen an.

Die Besetzung sollte in einen ständigen Aufenthalt verwandet werden, was man an der Tatsache er­kennt, dass viele der besiedelten Ortschaften einen neuen Namen bekamen: Aus Alesso wurde Novo­cer­kassk, aus Trasaghis Novorossijsk, aus Ca­vaz­zo Krassnoda.

Die Situation der Kosaken blieb dennoch prekär und sie verschärfte sich rapide. Im April 1945 rückten die britischen Truppen näher und die Tito-Par­ti­sanen vermehrten ihre Angriffe. Weil die Kosaken nicht bereit waren, ihre Waffen niederzulegen oder mit den Partisanen zu verhandeln, be­schlos­sen sie, aus Italien auszuziehen, um auf österreichischem Boden, im Gebiet von Oberkärnten und Osttirol, zu kapitulieren. In riesigen Trecks mit Pferd und Wagen machten sich ca. 25.000 Kosaken Ende April 1945 auf den Weg nach österreich, in der Hoffnung auf ein neues Land. Sie ahnten nicht, dass ihr Schicksal bereits besiegelt war.
 
 
 
Kosaken und Wehrmacht
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