Montecassino ist ein 516 m hoher felsiger Hügel in Italien, westlich des Ortes Cassino (des Romanischen Cassinum, später San Germano genannt) zwischen Rom (138 km südöstlich) und Neapel gelegen. Das 529 von Benedikt von Nursia gegründete Kloster Monte Cassino gilt als eines der größten geistlichen Zentren des Mittelalters.
„Mit einem Schlag verschwanden
1500 Jahre Geschichte“: die Äußerung eines Zeitzeugens über die Bombardierung der Abtei
am 15. Februar 1944.
Am 22. Januar 1944 waren die Alliierten in Anzio und Nettuno mit 70.000 Soldaten gelandet. Sie sollten den weiter südlich stehenden Verbänden jenseits der sogenannten Gustav-Linie, einer von Ortona in den Abruzzen bis zur Mündung des Garigliano am Tyrrhenische Meer quer
durch Italien gezogenen deutschen Verteidigungslinie, beim Vormarsch auf Rom unterstützen.
Der Kampf um
Monte Cassino 1944
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Dieser Versuch der Alliierten, die Gustav-Linie zu erschüttern, schlug aber fehl, denn deutsche Reserven aus dem Raum Rom riegelten den Landekopf über die nächsten Monate ab, sie konnten die Alliierten aber auch nicht ins Meer werfen.
Die Schlacht um Montecassino (die vom 17.
Januar bis 18. Mai 1944 anhielt) war mit ihrer Dauer von vier Monaten
eine der längsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs mit schweren Verlusten auf beiden Seiten. Wegen der
zahlreichen unter den Alliierten kämpfenden Nationalitäten wurde sie
auch die Vielvölkerschlacht des Zweiten Weltkriegs genannt. Soldaten vieler Nationen lagen einander gegenüber: Deutsche und Engländer, Franzosen und Neuseeländer, Amerikaner, Polen, Algerier und viele weitere.
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Bild von Stephen Kirrage (Lizenz)
Der
Monte Cassino war ein wichtiger strategischer Punkt der Gustav-Linie.
Hier waren die deutschen Stellungen am stärksten
ausgebaut, um das Vordringen der Alliierten durch das Tal
des Flusses Liri in Richtung Rom zu verhindern. Ende 1943 kam der Vorstoß
der Alliierten an dieser Linie vor Cassino zum Stillstand.
Am 17. Januar 1944 begannen die
Angriffe der Alliierten auf die Stellungen der 1. Deutschen
Fallschirmjägerdivision um die Stadt Cassino und den Berg. Sie blieben aber erfolglos und brachten den angreifenden
US- amerikanischen Einheiten hohe Verluste ein. So zogen
sich die Amerikaner zurück und wurden von Neuseeländern
abgelöst. Für eine zweite Angriffswelle
verlangte der Kommandeur der 2. Neuseeländischen Division,
General Bernard Freyberg, die Bombardierung der deutschen Stellungen
und des Klosters, in dem eine deutsche Funkstation vermutet
wurde.
Die Schlacht von Montecassino
Der deutsche
Oberbefehlshaber in Italien, Generalfeldmarschall Albert Kesselring, hatte im Dezember 1943 aus Rücksicht auf die historische
Bedeutung des Klosters dessen Einbeziehung in die
Stellungen verboten und diese Entscheidung den Alliierten auch
mitteilen lassen. Den Soldaten der Wehrmacht wurde das Betreten des Umfeldes des Klosters untersagt. Obwohl also die deutschen Fallschirmjäger
das Kloster noch nicht besetzt hatten, sondern sich noch 300 Meter davor in den Berghängen verschanzt hatten, erschienen am Dienstag, den 15. Februar 1944, Bomber der US-Luftwaffe am Himmel über dem Kloster.
Das Bombardement einer religiöses Stätte galt völkerrechtlich schon damals als zweifelhaft, besonders, wenn sie dem Gegner nicht als Kampfbasis diente. Die damals geltende Haager Landkriegsordnung verbot Angriffe auf unverteidigte Ziele. Aber das Völkerrecht spielte in Montecassino kaum noch eine Rolle.
Während
des folgenden Bombardements warfen mehr als 200 US-Bomber der 12. und
15. Luftflotte in zwei Angriffswellen Hunderte von Tonnen Spreng- und
Brandbomben auf dieses einzigartige Kulturdenkmal ab. Durch den parallel dazu
eingesetzten Artilleriebeschuss wurde Montecassino mit Ausnahme der Krypta innerhalb weniger
Stunden in eine Trümmerlandschaft verwandelt. Vor dem Angriff waren nur die Mönche und etwa 800
Zivilisten, die in den Kellergewölben
Zuflucht gesucht hatten, im Kloster. Nicht weniger als 250 von ihnen starben infolge der amerikanischen Bombardierung. Die sieben überlebenden Mönche verließen das Kloster über einen Maultierpfad hinab zum Liri-Tal, wobei sie den Rosenkranz beteten.
Montecassino
Im Vatikan schwieg Papst Pius XII. wie versteinert. Die gesamte katholische Kirche war entsetzt und die Beziehungen zwischen dem Vatikan und den USA trübten sich für lange Zeit ein.
Zwei Tage später besetzten
deutsche Elitetruppen der 1. Fallschirmjägerdivision die Ruinen und verwandelten diese tatsächlich in eine Festung. Sie konnten in den folgenden Monaten den Berg trotz weiterer schwerer Angriffe halten. Die Festung sollte nach schweren Kämpfen, die zu den verlustreichsten des Zweiten Weltkriegs zählen, erst im Mai fallen.
Erwähnenswert ist die Rettung der einzigartigen Kulturschätze des Klosters, die Oberstleutnant Julius Schlegel, ein Fallschirmjägeroffizier aus Wien, in einer persönlichen Entscheidung veranlasst hatte. 120 Lastwagen mit alten Büchern, Handschriften, Urkunden, Bauplänen, Gemälden (darunter Bilder von Leonardo da Vinci, Raffael und Tizian) und weiteren Kunstgegenständen wurden bereits im Oktober 1943 durch Kriegsgebiet in die Engelsburg in Rom gebracht.
Tatsächlich wurde die erste Schlacht um Montecassino, die am Jänner begann und am 11. Februar endete, zum Klaren Abwehrsieg der Deutschen. Die entscheidende
Offensive der Alliierten begann am 11. Mai 1944. Der Plan des französischen Genel Juin hatte sich durchgesetzt, einen konzentrierten Umgehungsangriff durch die Berge zu lancieren. Das
2. Polnische Korps unter General Wladyslaw Anders bekam den Auftrag,
die Klostertrümmer im Frontalangriff zu erobern. Algerische
und marokkanischen Einheiten im französischen Expeditionskorps
überwanden hingegen das schwierige Karstgebirger und schafften den Einbruch in die
Gustav-Linie, die nun von den deutschen Fallschirmjägern
nicht länger gehalten werden konnte.
Es waren die nicht nachlassenden
Vorstöße des polnischen Expeditionskorps sowie die veränderte
militärische Gesamtsituation in Italien, die General Kesselring am 17. Mai 1944 den Befehl zur Aufgabe Montecassinos zwang. Am nächsten
Tag wurden die Ruinen des Klosters von polnischen Truppen kampflos eingenommen. Das war der Auftakt zum alliierten Vormarsch in Richtung Rom.
Die Montecassino-Schlacht, bei
der 105.000 alliierte (US-amerikanische, britische,
gurkhas, anglo-indische, neuseeländische, französische,
algerische, marokkanische und polnische) und 80.000 deutsche
Soldaten gekämpft hatten, kostete rund 20.000 deutsche und
12.000 alliierte Soldaten das Leben.
Die Schlacht um den Montecassino ist ein mahnendes Beispiel für die Sinnlosigkeit des Krieges, das wiederaufgebaute Kloster ein Mahnmal gegen den Krieg und für den Frieden.