Benito Mussolini (geb. am 29. Juli 1883 in Predappio, Emilia-Romagna, gest. am 28. April 1945 bei Dongo am Comer See – erschossen) war von 1922 bis 1943 faschistischer
Diktator Italiens. Als Führer des faschistischen
Regimes führte er den Titel Duce del Fascismo.
Obwohl Italien zu den Siegern des Ersten Weltkriegs zählte,
hatte der Friedensvertrag von Versailles die Interessen
Italiens nicht ausreichend berücksichtigt,
das Schlagwort der vittoria mutilata, des „verstümmelten
Sieges" machte sich breit.
Als Gegenleistung
für die schrecklichen Verluste (650.00 tote und eine Million verletzte Soldaten, sowie eine Million Opfer unter der Zivilbevölkeung) und die riesigen Kriegsschulden hatten die Herrschenden kaum etwas anzubieten.
Die Lebenshaltungskosten stiegen unaufhaltsam. Das Ergebnis waren
jene zwei Jahre, die in die italienische Geschichte unter
dem Namen Biennio Rosso (die Zwei Roten Jahre) eingegangen
sind.
Biennio Rosso
Nach dem Krieg war es in Zusammenhang
mit Protesten und Streiks gegen die rasant gestiegenen
Preise zu schweren Tumultengekommen.
In den Jahren 1919-1921, dem „Biennio Rosso“, verschlimmerte
sich die Situation und nahm quasi-revolutionäre Formen
an. Es gab Landbesetzungen, Fabrikbesetzungen. Fabrikräte
kontrollierten die von den Arbeitern besetzten Anlagen, „Rote Garden“,
eine Verteidigungsorganisation der Arbeiter, verteidigten
sie. Demonstrationen und Straßenschlachten waren die Folgen. Die Zahl der in Gewerkschaften organisierten
Arbeiter steigerte sich auf vier Millionen. Die Land- und Industriearbeiter stellten weit reichende Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungen, Lohnerhöhungen
und größerer betrieblicher Mitbestimmung.
Auf dem Land forderten sie sogar eine Aufteilung des
Großgrundbesitzes und feste Quoten bei der Einstellung der
Landarbeiter.
Das politische Italien
Auf der Suche nach Italien: Eine Geschichte der Menschen, Städte und Regionen von Antike bis Gegenwart
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Obwohl diese Streiks und die Landbesetzungen
einen eher spontanen Charakter hatten und keineswegs
Teil einer organisierten sozialistischen „Revolution"
waren, bekamen es Industrielle und Großgrundbesitzer Angst. Es hatte Ausschreitungen gegeben, Tote, die
Revolution schien bevor zu stehen. Unter dem Eindruck der siegreichen Revolution in Russland sah die Bourgeoisie in den Aktionen der Sozialisten die Gefahr
von links als weit größer an, als die von rechts.
Faschismus
Die 1919 gegründete faschistische
Bewegung Mussolinis verstärkte diese Ängste nach Kräften,
indem sie gegen die vermeintliche Gefahr einer bolschewistischen
Revolution agitierte und sich selbst mit ihren militärisch
organisierten Schlägertrupps, den sogenannten squadre,
(wörtlich „Mannschaften“, de Facto Kampftruppen) als Garant der vermeintlich bedrohten Ordnung sah. Überall
gingen die squadristi (Mitglieder der „squadre“) gegen die Sozialisten vor, verübten
Anschläge auf deren Parteizentralen, schüchterten die Funktionäre
ein, wenn sie sie nicht sogar ermordeten. Die Anhänger Mussolinis waren ein Sammelbecken von Enttäuschten
und Verlierern: aufsässige Soldaten, abtrünnige Sozialisten, Republikaner,
Anarchisten und ultrakonservative Monarchisten.
Die Faschisten, die vor September
1920 noch schwach und vernachlässigbar waren, bekamen immer
mehr Zulauf. 1921 und 1922 breitete sich die faschistische Bewegung
rasant aus und wurde 1922 mit über 300.000 Mitgliedern zur
stärksten Massenbewegung Italiens.
Mussolinis squadristi (von den Großagrariern und Industriellen
kräftig unterstützt) vertrieben die Sozialisten
aus den Fabriken und drangen immer mehr von den Städten
aufs Land vor, wo sie Organisationen und Einrichtungen der
Arbeiterbewegung zerstörten und sogar sozialistisch
beherrschte Rathäuser angriffen. Sie gingen dabei
äußerst brutal vor. Sie erschlugen ihre Opfer oft
mit dem Schlagstock oder zwangen sie zum Trinken großer Mengen
Rizinusöl, ein Abführmittel, das in hohen
Dosen tödlich wirkt.
Aus Angst vor größeren Unruhen ließ der italienische
Staat die squadristi gewähren, des öfteren schritten
Ordnungskräfte bei den Vorfällen nicht ein oder billigten sogar die Aktionen
gegen die Sozialisten.
Als entscheidender Wendepunkt und endgültige Niederlage der Sozialisten kann der Generalstreik
vom Juli-August 1922 gesehen werden, den die faschistischen Trupps
in den großen Städten mit Gewalt niederschlugen.
Mussolini nutzte die Gelegenheit dazu, Neuwahlen zu fordern,
ordnete die Mobilmachung der faschistischen „camicie nere“ (Schwarzhemden)
an und drohte mit einem „Marsch auf Rom“,
falls diese Forderung nicht erfüllt werden sollte.
Chronik 1922
Die Politiker, die die Reden und Drohungen Mussolinis gehört
hatten, nahmen ihn zuerst gar nicht ernst. Als sich aber immer
deutlicher abzeichnete, dass er seine Androhung wahrmachen
würde, bestürmte Emanuele Pugliese, der
Militärkommandant von Rom, den Ministerpräsidenten Luigi
Facta, den Notstand auszurufen. Facta weigerte
sich aber. Erst in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober, kurz nach
Mitternacht, als sich bereits Tausende Faschisten auf dem
Weg nach Rom befanden und aus den Provinzen Nachrichten über
Besetzungen von staatlichen Einrichtungen eintrafen,
berief Facta das Kabinett ein.
Die squadre besetzen nach und nach
die Telefonzentralen und alle Regierungsgebäude, beschlagnahmten
Eisenbahnen und verbündeten sich sogar mit der italienischen
Armee. Auf vier Kolonnen aufgeteilt, marschierten 26.000 Faschisten
sternförmig auf Rom, die am 28.
Oktober erreicht wurde. Die Regierung beschloss daraufhin den Belagerungszustand
auszurufen. Das Notstandsdekret, das der Armee die Vollmacht zum
Losschlagen gegen die Faschisten gegeben hätte, wurde vorbereitet und Facta brachte es am Tag darauf zu König Vittorio Emanuele III., dessen Unterschrift
erforderlichg war, damit es in Kraft treten konnte.
Einige der konservativen
Berater des Königs wie der ehemalige italienische Premier
Antonio Salandra rieten ihm von der Unterschrift ab, unter anderem
weil sie glaubten, in einer Koalition mit den Faschisten hohe
Ämter zu erhalten. Mussolini signalisierte Verhandlungsbereitschaft.
Sie befürchteten auch, dass die Faschisten der Armee zahlenmäßig
weit überlegen seien, Mailand sei bereits in ihrer Hand
und Rom könne nicht mehr gehalten werden. Sie warnten
daher vor unnötigem Blutvergießen im Falle der Unterschrift
des Dekrets.
Aus diesem Grung verweigerte Vittorio Emanuele am Morgen des 28. Oktober 1922 die Unterschrift des
Dekrets. Daraufhin trat Luigi Facta zurück und empfahl Salandra
als neuen Regierungschef. Dieser wiederum überredete den
König, Mussolini zum neuen Ministerpräsidenten zu
ernennen.
Als sich herumsprach, dass der König Mussolini mit der Regierungsbildung
beauftragen wollte, ließen Polizei und Armee
den Schwarzhemden freie Hand. Mussolini selbst, der
nicht am Marsch teilznahm, beschäftigte sich unverzüglich
mit der Bildung einer neuen Regierung.
Marsch auf Rom
Der „Duce" der faschistischen Bewegung bestieg
noch am Abend des 29. Oktobers einen Nachtzug von Mailand
nach
Rom und kam am Morgen des 30. Oktober 1922 am Bahnhof Roma
Termini an. Er ging zunächst ins Hotel und dann
im Schwarzhemd zum König, an den er als erstes die Worte
richtete: „Majestät, ich komme vom Schlachtfeld."
Das war angesichts der angenehmen Umstände seiner Reise
reiner Hohn.
Das „Schlachtfeld“, das waren die vom Herbstregen
aufgeweichten Felder einige Dutzend Kilometer vor den Toren
Roms, auf denen mittlerweile mehrere Zehntausend Faschisten
eingetroffen waren (wahrscheinlich dürften es zwischen
40.000 und 50.000 Mann gewesen sein, die zu Fuß oder
in zum Teil gekaperten Sonderzügen in der Nähe der
Hauptstadt eingetroffen waren).
Nachdem Mussolini zum Regierungschef ernannt wurde, zogen die
Faschisten am 31. Oktober 1922 in Rom zu einer Siegesparade
ein, während derer es, wie schon in den Tagen zuvor,
zu blutigen Überfällen auf sozialistische und kommunistische
Pressebüros und Anhänger kam.