Literatur/ Presse

Curzio Malaparte
 
Curzio Malaparte war eine der schil­lernd­sten Gestalten seiner Zeit. Ein Pendler zwischen Futu­ris­mus und Faschismus, Kommunismus und Katho­li­zis­mus, Salons und Schlacht­feldern.
Kurt (Curzio) Erich Suckert, ein ita­lie­ni­scher Schriftsteller und Journalist, wur­de 1898 in Prato (Toskana) geboren. Sein Vater war ein aus Zittau in Sachsen stammender Textil­iIn­ge­nieur, seine Mutter stammte aus Mailand. Diese mul­ti­nationale Herkunft emp­fand er offenbar als Makel, denn er versuchte zeit­le­bens, es durch über-ita­lie­ni­sches Gehabe zu kompensieren.
Sein ab 1925 verwendete Pseudonym Ma­la­parte bedeutet wörtlich übersetzt „Der schlech­te Teil" und ist eine Anspielung auf Bonaparte („Der gute Teil“).
Er besuchte das Gymnasium Cigognini in Prato und wurde 1911 Mitglied des Partito Repubblicano Ita­liano. 1912 erschienen seine ersten Gedichte. 1913 wurde er Herausgeber einer satirischen Zeit­schrift. Im Ersten Weltkrieg mel­dete er sich mit 16 Jahren als Freiwilliger und wurde 1918 mit der italie­ni­schen Tapferkeitsmedaille in Bronze und dem französischen Kriegskreuz mit Palme ausgezeichnet. In Folge eines Gasangriffs litt er bis Ende seines Lebens an einem Lungenleiden.
Alessandro ManzoniNach dem Krieg fand er, wie viele, die aus dem Krieg zurückgekehrt wa­ren, kein Gefallen mehr an bür­ger­li­chen, gar de­mo­kra­ti­schen Ver­hält­nis­sen. Er trat be­reits 1921 dem Par­ti­to Na­zio­na­le Fa­scis­ta bei und war 1922 Teil­neh­mer beim Marsch auf Rom. In den fol­gen­den Jahren wurde er – als Gründer bzw. Leiter verschiedener Zeitschriften und Verlage – ein sehr erfolgreicher fa­schis­tischer Publizist. 1931 verließ er die Partei wieder. Sie war ihm nicht faschistisch genug, ihr Führungspersonal bestand nicht aus den von ihm erhofften erhabenen Gestalten, sondern aus Kleinbürgern (wie ihm selbst), über die er sich gern spöttisch oder abfällig äußerte. 1933 wurde er deshalb verhaftet und für fünf Jahre auf die Liparischen Inseln verbannt - auf Für­sprache von Mussolinis Schwiegersohn und Au­ßen­minister Galeazzo Ciano begnadigte ihn jedoch der Diktator persönlich bereits nach an­dert­halb Jahren.
1937 gründete er die Literaturzeitschrift Prospettive. 1938 ging er als Korres­pondent in das zwei Jahre zuvor von Italien annektierte Äthiopien. Im Zweiten Weltkrieg schrieb Malaparte als Kriegs­be­richt­er­stat­ter für die Mailänder Zei­tung Corriere della Sera in Nordafrika, Frankreich, Deutschland sowie 1940–45 auf dem Balkan, Finnland und Russland. Dort schrieb er Die Wolga ent­springt in Europa, Au­gen­zeu­gen­be­richte von der Ukraine-Front und der Bela­gerung Leningrads, die 1943 veröffentlicht wurden. 1945 wurde er Verbin­dungs­offizier der Amerikaner. In der Nachkriegszeit wandte Malaparte sich dem Kom­mu­nismus zu. Während einer Aus­lands­rei­se nach Chi­na wur­de bei ihm Lun­gen­krebs dia­gnos­ti­ziert. Kurz vor sei­nem Tod 1957 trat er zum Katho­li­zis­mus über.
Malaparte
Kaputt
Aus den Reportagen, die Malaparte im Zweiten Weltkrieg von den Fron­ten schrieb, entstand 1944 der Roman „Kaputt“, der in der Nach­kriegs­zeit zu einem enormen Erfolg und gleichzeitig zu einem großen Skandal wurde. „Kaputt" ist eines der großen Anti­kriegs­bücher des 20. Jahrhunderts.
Der Folgeroman „Die Haut“ ist die Geschichte einer Stadt (Neapel) unmittelbar nach der Befreiung von den Nationalsozialisten.
Malaparte
Die Haut (DVD)
Es ist die Geschichte von Heldentaten und von ausufernder Korruption. Als dieser skandalöse Roman 1949 erschien, wurde ihm fast einhellig Amoralität und Antipatriotismus vor­geworfen und er wurde folgerichtig vom Vatikan indiziert. Malaparte wurde mit einem Bann der Stadt Neapel belegt, weil deren Bewohner sich durch die Darstellung ver­un­glimpft fühlten. Seinen Verfasser machte das Buch jedoch schlagartig weltberühmt. Die Haut ist wohl das einzige Antikriegsbuch, das von der Faszination für das Schlachten und das Grauen lebt – das ist die Am­bivalenz Malapartes, die ihn einerseits so schillernd machte, aber auch bei vielen Verachtung hervorrief. Dieser Roman ist voller schoc­k­ierender Bilder, die auch ein halbes Jahr­hundert nach seiner Entstehung verstören.
Auszug aus Il Cristo proibito, dem einzigen Film (1951) von Malaparte als Regisseur.
Man mag Ma­la­parte gelegentliche Effekthascherei mit seiner Ästhetisierung des Schreckens und seiner Zuspitzung des Grauenhaften, um eine Pointe zu erzielen, vor­wer­fen. Dennoch lässt sich kaum an seiner Absicht zweifeln, die schreckliche Wahrheit des Krieges in der Übertreibung und Überzeichnung gleichsam noch „wahrer" und schrecklicher zu machen und ihr auf diese Wei­se jede Romantik zu nehmen.
Das futuristische Haus auf Capri
Curzio Malapartes Haus auf Capri gilt als eines der berühmtesten Häuser der europäischen Mo­der­ne. Der Schriftsteller ließ das futuristische Haus, die „Casa Malaparte“, zwischen 1938 und 1942 er­bauen. Zur Legende wurde es 1963, als Godard dort den Film „Die Ver­ach­tung“ mit Michel Piccoli und Brigitte Bardot drehte.
Foto von Arnaud 25 (GNU-Lizenz)
Einmal kam sogar Rommel in dieses Haus und fragte, ob es Malaparte denn selbst gebaut habe. Nein, log dieser, es sei gekauft – aber die Landschaft herum und den Golf von Neapel, die habe er selbst entworfen.
 
 
Malaparte
Kaputt
Malaparte
Die Haut (DVD)
Malaparte
Il Cristo proibito
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