Wissenswertes

Vietato fumare (Rauchen verboten)


Es soll niemand behaupten, die Ita­liener würden dem Gesetz nicht ge­horchen! Zumindest beim Rauch­ver­bot widersprechen sie diesem be­lieb­ten Vorurteil! Sagte denn nicht schon Mussolini: „Cre­dere, obbidire, com­battere!“ (Glauben, ge­horchen, käm­pfen)? Da steckt das Imperativ „ge­horchen" doch bereits drin.
Kaum jemand rauchte früher derart lei­den­schaftlich wie die Italiener. In den 1950er Jahren wurde mit solcher Lei­den­schaft ge­raucht, dass eine Kampagne gegen das Rau­chen keine Chance gehabt hätte. Der Schla­ger „Fumo blu“ der Sän­ge­rin Mina klang wie eine Hym­ne an das als sehr männ­lich ein­ge­stufte Rau­chen. Die Jour­na­lis­tin Oriana Fallaci (die an Lun­gen­krebs starb) verglich sogar die Versuche, das Rauchen in der Öffentlichkeit zu verbieten, mit der Juden­ver­fol­gung der Nazis (!).
Fumo blu (Mina)
Heute ist die Liebe der Italiener zur Zigarette erkaltet. Und es ist erstaunlich, wie rei­bungs­los Italien den Übergang von einer Nation der Raucher zu einer der Nichtraucher geschafft hat. Keiner scheint den alten Zeiten nach­zu­trauern.

Bereits seit dem 12. De­zem­ber 2004 ist in Ita­lien das Rau­chen in al­len Re­gio­nal- und Fern­zü­gen un­ter­sagt. Grenz­über­fahr­en­de Zü­ge, in de­nen sich Rau­cher­ab­teile be­fin­den, un­ter­lie­gen eben­falls dem nationalen Rauch­ver­bot, so­bald sie sich auf italienischen Boden be­fin­den und italienische Bahnhöfe an­fahren. Die einzige Ausnahme bilden Fernzüge im Transit.
In allen öffentlichen Gebäuden, Gaststätten, Bars, Cafés und Kneipen ist das Rauchen seit dem 10. Januar 2005 verboten, mit Aus­nah­me der Raucher­be­reiche mit separater Lüftung, in denen Speisen angeboten werden dürfen. Dies gilt unabhängig von der Größe des Etablissements. Die Abtrennung einer Raucherzone darf höchstens der Hälfte der Ge­samt­fläche des Gastbereichs entsprechen.

Mina - Best of
Endlich Nichtraucher
Fettnäpfchenführer Italien: Wie man so tut, als sei man Italiener
Mina- Best of
Endlich Nicht­raucher
Fettnäpfchenfüh­rer Ita­lien: Wie man so tut, als sei man Ita­liener

Die Raucherbereiche unterliegen einer sehr strengen Reglementierung. Sie müssen eine getrennte Be­lüf­tungs­an­lage haben und der Luftruck muss immer niedriger sein als in den Nichtrau­cher­be­rei­chen. Sie müssen mittels auto­ma­tisch ver­schließbaren Türen her­me­tisch abgetrennt werden können und eine gute Luftzirkulations- und Ent­lüf­tungs­tech­nik muss gewährleistet werden. Diese Auflagen haben dazu geführt, dass sich die Errichtung von Raucher­be­rei­chen für normale Wirt­schaf­ten be­triebs­wirt­schaft­lich nicht rech­net. Bis heute haben nur etwa 1% der Lo­ka­le Rau­cher­be­rei­che eingeführt.

Wer in öffentlichen Gebäuden raucht, muss bei Zu­wi­derhandlungen Buß­gel­der zwischen 27,50 und 275 Euro zahlen. Wer in Gegen­wart von Schwan­geren oder Kindern unter 12 Jahren raucht, muss mit einer Verdoppelung dieses Bußgeldes rechnen.

Italienische Widersprüche
 
Ursprünglich wurden mittels einer Ver­ord­nung (vom 17. Dezember 2004) die Inha­ber der Gastro­no­mie­be­trie­be dazu verpflichtet:
1) durch Hinweisschilder deutlich sicht­bar auf das Rauch­verbot hin­zu­weisen,
2) die Einhaltung des Rauchverbots zu kon­trol­lieren, bzw. rauchende Gäste auf ihr Fehl­ver­hal­ten hin­zu­wei­sen und vom Rauchen ab­zu­halten,
3) bei nicht Einhaltung des Verbotes den­sel­ben an die entsprechende Behörde zu mel­den.
Gemäß dieser Regelung konnte ein Gas­tro­nom we­gen mehr­fa­chen Verstoß gegen die Pflicht, einen rau­chenden Gast anzuzeigen, seine Konzession ver­lieren. Es handelte sich diesbezüglich um die res­trik­tivste Regelung in Europa.

Eine Ausnahme vom strik­ten Rauch­ver­bot ist der Kon­sum von E-Zi­ga­ret­ten. Das Damp­fen ist grund­sätz­lich über­all er­laubt. Aber Ach­tung – sind Kin­der an­we­send, ist auch die E-Zi­ga­ret­te ver­bo­ten. Es droht ein emp­find­li­ches Buß­geld. Wer sich in sei­nem E-Liquid Shop vor­ab ver­sorgt und da­mit dann nach Italien fliegt soll­te wis­sen, dass E-Zi­ga­ret­ten nicht in den Kof­fer son­dern ins Hand­gepäck gehören.

Am 1. August 2005 wurden infolge einer Entscheidung des Ver­wal­tungs­ge­richts der Region Latium die Punkte 2. und 3. die­ser Ver­ord­nung wie­der zu­rück­genommen, weil die dazu nötigen gesetzlichen Vo­raus­set­zun­gen fehlten. Damit wurde den Be­trei­bern von Gastronomie­betrieben die Bürde, sich als Hilfssheriffs zu betätigen, ab­ge­nom­men.
Nach der Einführung des Rauchverbots gingen die Zigarettenverkäufe deut­lich zurück und die Akzeptanz in der Bevölkerung nahm deutlich zu. Eine Studie zufolge sank bereits im ersten Jahr nach der Einführung die Zahl der Herz­in­farkte deutlich, bei den 35- bis 64-jährigen um 11 %, bei den 65- bis 75-jäh­rigen um 8 %.
Olbia (Sardinien): Seit dem 24. Juni 2010 gilt ein Rauchverbot im Be­reich des Parks "Fausto Noce„. Eine ähnliche Ver­ord­nung für Gemein­de­parks gilt auch in Alghero (Sardinien) und in Neapel (Kam­pa­nien). In Verona darf man in den Parks nur in der Nähe der Kinderspielplätze nicht rauchen. In Aruttas (Sar­di­nien) gibt es auch am Strand ein Rauchverbot. Es droht ein Buß­geld bis zu 360 Euro. In Bozen darf man auch im Freien nicht mehr rau­chen, wenn sich schwangere Frauen oder Kinder unter 12 Jahren in der Nähe aufhalten.

Mit Bußgeldern bis zu 500 Euro müssen Jugendliche unter 16 Jahren rech­nen, wenn sie in Capoliveri auf Elba auf der Piazza oder in den Gas­sen rauchen. Bürgermeister Ruggero Barbetti verfolgt damit ein erzieh­eri­sches Ziel, um die Ge­sund­heit der „ragazzi“ zu schützen.

Was kommt demnächst? In Belgien, Neuseeland, mehreren kanadischen und australischen Provinzen und Schottland herrscht bereits ein Rauch­ver­bot am Steuer. Italien erwägt zurzeit ebenfalls so eine Re­gelung ein­zu­führen (Ge­setz­es­vorschlag der Lega Nord). In der Republik San Marino gilt bereits ein ab­so­lutes Rauchverbot für Autofahrer.

Anfang 2016 wurden die Maßnahmen gegen das Rauchen weiter ver­schärft. Zu den Änderungen zählt das Verbot, in An­we­senheit Minder­jäh­ri­ger im Auto zu rauchen. Auch die Sanktionen für Geschäfte, die Min­der­jäh­ri­gen Zigaretten verkaufen, werden verschärft. Ihnen drohen bis zu 4.000 Euro und sogar der Lizenzentzug. Außerdem will das Gesundheitsministerium auf Zi­ga­ret­ten­schachteln abschreckende Bilder drucken lassen.

 
 
Endlich Nichtraucher
Endlich Nichtraucher
für Lesemuffel
 
 
Erklär mir Italien!: Wie kann man ein Land lieben, das einen zur Verzweiflung treibt?
Erklär mir Italien!: Wie kann man ein Land lie­ben, das einen zur Ver­zweif­lung treibt?
Das Mädchen aus Mailand